Besoldung – nur eine Versorgung oder auch Ausdruck von Wertschätzung ?
Die Finanzverwaltung in Niedersachsen benötigt in den nächsten Jahren wegen der zahlreichen Altersabgänge verstärkt neues Personal. Qualifiziertes Personal könnte durch eine attraktive Besoldung sicherlich besser akquiriert werden. Aber wie steht es um unsere Besoldung ?
Schauen wir zunächst auf die historische Entwicklung, bevor wir auf die Antworten der Fraktionen im Niedersächsischen Landtag zu unserer diesbezüglichen Anfrage eingehen :
Erstmals 2003 wurde in Niedersachsen das sogenannte Weihnachtsgeld für Beamte, Richter und Versorgungsempfänger abgesenkt. Vorausgegangen war die Aufhebung des Bundesgesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung (Sonderzuwendungsgesetz – SZG -) durch Art. 18 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 21 Abs. 3 des Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2003/2004 (BBVAnpG 2003/2004) vom 10. September 2003 mit Wirkung vom 16. September 2003. Gleichzeitig erhielten die Bundesländer durch eine Neufassung des § 67 BBesG das Recht in eigener Zuständigkeit über die Zahlung von Sonderzuwendungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu entscheiden. Das Land Niedersachsen setzte dies in dem Gesetz zur Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften und des Ministergesetzes vom 31. Oktober 2003 um. Infolgedessen wurde für das Jahr 2003 nur noch eine Sonderzahlung i.H.v. 65 % der für den Monat Dezember 2003 maßgebenden Bezüge gezahlt.
Im Jahr 2004 erfolgte eine erneute Änderung. Zunächst erhielten Beamte und Richter sowie Versorgungsempfänger noch monatlich 4,17 % der ihnen für den jeweiligen Monat zustehenden Bezüge als Sonderzahlung, also auf das Jahr betrachtet 50 % eines Monatsbezuges. Daneben wurde den aktiven Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 ein im Juli 2004 zu zahlender Zusatzbetrag von 120 EUR sowie allen aktiven Beamten,Richtern und auch Pensionären für jedes zu berücksichtigende Kind eine im Juli 2004 zu leistende Sonderzahlung in Höhe von 25,56 EUR gewährt.
Für die Jahre 2005 und 2006 wurden aufgrund einer erneuten Änderung die Sonderzahlungen von monatlich 4,17 % vollständig gestrichen. Nur noch Beamte der Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 bekamen eine Sonderzuwendung und zwar einmal pro Jahr einen Betrag von 420 EUR. Unabhängig von der Besoldungsgruppe wurde ein Betrag von 25,56 EUR (vor Steuern) für ein vor dem 31.12.2006 geborenes Kind gezahlt. Im Jahr 2007 erhielten alle Beamte eine Zahlung i.H.v. 860 EUR bzw. 614 EUR für Pensionäre.
Ab 2008 gab es dann für Kinder, für die ein Familienzuschlag gewährt wurde, eine jährliche Sonderzahlung von 120 EUR bzw. 400 EUR ab dem dritten Kind, wobei diese Zahlung für Pensionäre ab 2011 gestrichen wurde.
Gemäß § 63 NBesG gibt es derzeit die v.g. Sonderzahlung für Kinder bzw. für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 neben den Dienstbezügen für den Monat Dezember eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 420 EUR.
Aus der Historie ist erkennbar, dass somit eine echte Gehaltskürzung erfolgte.
Bei der Frage nach dem Weihnachtsgeldes kam das OLG Lüneburg in seinem Urteil vom 25.4.2017, AZ 5 LC 227/15, RZ 348 u.a. zu folgendem Ergebnis : „……… Diese (v.g.) Sonderzahlungen und die seit dem Jahr 2008 vorgenommenen Besoldungserhöhungen haben aber – wie die Prüfung der ersten drei Parameter auf der ersten Prüfungsstufe belegt – insbesondere im Jahr 2013 nicht ausgereicht, die Besoldung niedersächsischer Beamter an die Entwicklung des Tariflohns, des Nominallohn- und des Verbraucherpreisindexes anzupassen. Vielmehr hat sich die sukzessive Streichung der Sonderzahlung zwischen den Jahren 2003 und 2005 und das Unterbleiben von Besoldungserhöhungen in den Jahren 2005 bis 2007 als eine reale Besoldungsabsenkung durchgängig in den nachfolgenden Jahren bemerkbar gemacht. Die Erfüllung der ersten drei Parameter im Jahr 2013 ist deshalb als Fortschreibung der einschneidenden Maßnahmen in den früheren Jahren anzusehen. ………“
Insgesamt kam das OLG Lüneburg zu dem Ergebnis, dass die Besoldung niedersächsischer Beamter der Besoldungsgruppen A 8 und A 11 sowie die Versorgung niedersächsischer Beamter der Besoldungsgruppe A 13 im Jahr 2013 verfassungswidrig zu niedrig seien. Die Klagen in den Jahren 2007 und 2009 wurden abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen (AZ : 5 LC 75/17, 5 LC 76/17 und 5 LC 77/17) ruhen derzeit wegen eines beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Normenkontrollverfahrens zur Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Beamten und Richtern. Hierbei wird entscheidend sein, wie das Bundesverfassungsgericht die in seinem Urteil vom 05.05.2015, in dem es zunächst über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Richtern und Staatsanwälten in verschiedenen Bundesländern und zu unterschiedlichen Zeiträumen entschieden hatte, entwickelten Berechnungsmethoden bzw. Prüfungsstufen und Parameter auslegt.
Kommt es aber nur auf die Frage der Unteralimentation an ?
Das in Art. 33 Abs. 5 GG niedergelegte Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren.
Für die Frage der Angemessenheit des Gesamtgehaltes ist die Ausbildung, der Dienstrang, die mit dem Amt verbundene Tätigkeit bzw. Verantwortung und der Wert des Berufsbeamtentums im Allgemeinen von Bedeutung, so dass den Beamten/ Beamtinnen ein angemessener Lebensunterhalt zu gewähren ist, der sich an der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen bzw. finanziellen Verhältnisse und der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards orientieren sollte.
Dementsprechend kommt es sowohl auf die Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch auf die Lage der öffentlichen Haushalte an.
Die Angemessenheit richtet sich nach der Gesamthöhe des Gehaltes, das an die tatsächlichen Gegebenheiten und die allgemeine wirtschaftliche bzw. finanzielle Entwicklung angepasst werden sollte.
Hier ist festzustellen, dass die für Tarifangestellte erzielten Abschlüsse nicht auf die Beamten übertragen wurden, sei es nur dadurch, dass die Erhöhungen nicht zeitgleich umgesetzt wurden. Hinzu kommen massive Einschnitte bei der Beihilfe. Darüber hinaus liegt die derzeitige Inflationsrate in Deutschland bei rund 1,7 %. Die Gehaltserhöhung für das Jahr 2018 beträgt aber tatsächlich nur 1,16 %.
Mithin kommt es zu einer weiteren Gehaltskürzung. Die Steuer-Basis-Gewerkschaft hat dies zum Anlass genommen, die nachstehen Anfrage an die im Landtag vertretenen Parteien zu stellen :
Anfrage zur Stellung der Niedersächsischen Finanzverwaltung
Sehr geehrte/r …
wir von der Steuer-Basis-Gewerkschaft gehen davon aus, dass Ihrer Fraktion durchaus die Bedeutung der niedersächsischen Finanzverwaltung bewusst ist. Denn schließlich trägt diese neben den Finanzverwaltungen der anderen Länder dazu bei, die Aufgaben der niedersächsischen Landesverwaltung zu finanzieren.
Leider hat man in den vergangenen Jahren zum einen den Personalbestand der Finanzverwaltung immer weiter verringert; so werden massive altersbedingte Personalabgänge kaum durch die Neueinstellungen aufgefangen. Zum anderen verdichtet sich die Arbeitsstruktur, nicht zuletzt durch immer kompliziertere Gesetze bzw. immer mehr neuere teilweise nicht gut ausgereifte Programme.
Trotz der hohen Belastung, die sich in steigenden Krankenständen ausdrückt, ist es dem hohen Arbeitseinsatz der Kollegen und Kolleginnen zu verdanken, dass dennoch versucht wird, die anstehende Arbeit zu bewältigen.
Vor diesem Hintergrund bitten wir um eine Stellungnahme dazu, weshalb der Tarifabschluss aus dem Februar diesen Jahres für Angestellte und Lehrer etc. nicht auf die Finanzverwaltung übertragen wurde. Die derzeitige Gehaltserhöhung beträgt für die Finanzbeamten in Niedersachsen nach Art. 3 § 2 des Nds. GVOBl. vom 29.12.2016 zum 1.6.2017 2,5 % und zum 1.6.2018 2 %. Hingegen wurde der Tarifabschluss in der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen schon übernommen und zwar zum 1.4.2017 mit 2 % sowie zum 1.1.2018 mit 2,35 %. Da man nur Gleiches mit Gleichem vergleichen kann, ergeben sich bei einer Umrechnung auf das Kalenderjahr für Nordrhein-Westfalen eine Erhöhung von 1,5 % für 2017 und 2,35 % für 2018.
Dagegen erhalten die Nds. Finanzbeamten eine Erhöhung von 1,45 % für 2017 und 1,16 % für 2018 und liegen damit auch weit hinter den Gehaltserhöhungen für Tarifbeschäftigte.
Denn diese erhalten eine Lohnerhöhung von 2 % ab 1.1.2017 und 2,35 % ab 1.1.2018 sowie die Einführung einer Stufe 6 in E 9 – E 15 sowie Kr 9a – Kr 11a bzw. E 9k.
Auch wenn Tarifangestellte nicht alimentiert werden und daher kein direkter Vergleich möglich ist, wird jedoch deutlich, dass die niedersächsischen Finanzbeamten hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung liegen, trotz steigender Grundkosten, zumal auch Beihilfesätze nicht angepasst werden. Dies wirkt um so schwerer, weil es in der Vergangenheit zu echten Gehaltskürzungen gekommen ist. Zu nennen sind hier u.a.
– der Wegfall des Weihnachtsgeldes, was eine Kürzung von rund 8 % ausmacht
– der Wegfall des Urlaubsgeldes
– der Gehaltsverzicht anlässlich der Reduzierung der Arbeitszeit auf 38,5 Stunden mit
anschließender Erhöhung der Arbeitszeit ohne Gehaltsausgleich
– Umstrukturierung der jetzigen Erfahrungsstufen. Die hier frei werdenden Gelder sollten für die
Honorierung besonderer Leistungen genutzt werden. Tatsächlich wurden in den letzten drei Jahren
hierfür noch nicht einmal Haushaltsmittel bereit gestellt.
Angesichts der steigenden Inflation und stetig steigender Krankenkassenbeiträge, Beihilfekürzungen etc. liegt hier eine Kürzung des Realgehaltes vor, so dass nicht nur die Gehaltsentwicklung zwischen den Bundesländern für gleiche Arbeit, sondern auch die Schere zwischen Lohn- und Gehaltsempfängern immer größer wird. Nach § 3 Abs. 4 des Nds. GVBl ist die Besoldung jedoch entsprechend der allgemeinen und finanziellen Entwicklung anzupassen, was auch Ausdruck der allgemeinen Fürsorgepflicht ist.
Sehr geehrte/r …, ist es die Leistung des niedersächsischen Finanzbeamten nicht wert, zumindest so honoriert zu werden, dass insbesondere angesichts der allgemein guten konjunkturellen Lage kein Reallohnverlust eintritt ?
Mit großem Interesse sehen wir Ihrer Antwort entgegen.
Wir erhielten folgende Antworten, die hier zusammengefasst wiedergegeben werden :
SPD-Fraktion (05.10.2017) :
Diese geht davon aus, dass die Alimentation angemessen erfolgt. Die unterschiedlichen Stichtage der Besoldungsanpassung mit insgesamt 4,5 % für zwei Jahre sei so im Haushaltsbegleitgesetz verabschiedet worden. Eine gleiche Übertragung der Abschlüsse von Angestellten auf Beamte sei nicht gegeben, schon wegen deren Zahlungen u.a. in die Rentenkasse, so dass Tarifangestellte bei gleicher Gehaltsklasse einen niedrigen Nettoverdienst hätten. Die SPD-Fraktion führt weiter aus, dass Niedersachsen eigenständig über die Besoldung ihrer Beamten entscheide und in den Besoldungsgruppen A7 und A9 über dem Bundesdurchschnitt läge bzw. bei der Besoldungsgruppe A13 im oberen Drittel.
Den stark verringerten Personalbestand führte die SPD-Fraktion auf die von der CDU/FDP bis 2013 durchgeführten Abbau von 1000 Stellen zurück. Dieser Schwächung habe die SPD-Fraktion z.B. durch die Stärkung der Außenprüfung mit rund 100 Stellen entgegengewirkt. Die Neuschaffung der Stellen enge den finanziellen Spielraum ein.
Die Attraktivität des Arbeitsplatzes solle daher im nicht-monetären Bereich gesteigert werden wie z.B. bei der Gestaltung der Arbeitszeitmodelle oder einer Entlastung der Beamten durch das Gesundheitsmanagement. So habe man auch bei der Umstrukturierung in Erfahrungsstufen eine Schlechterstellung vermieden.
CDU-Fraktion (28.09.2017) :
Die CDU-Fraktion vertrat die Auffassung, dass die niedersächsische Finanzverwaltung eine sehr gute Arbeit leiste. Bei der Besoldung sollte der Grundsatz „Besoldung folgt Tarif“ wieder gelten.
FDP-Fraktion (9.10.2017) :
Auch diese Fraktion vertritt die Auffassung, dass die Besoldung der Beamten nicht von den höheren Einkommenssteigerungen abgekoppelt werden dürfe und die Tarifabschlüsse zeit-und wirkungs- gleich umgesetzt werden sollten. Zur Sicherstellung der Pensionen sollte eine Versorgungskasse ähnlich wie im kommunalen Bereich eingeführt werden.
AfD-Fraktion :
Die neu hinzu gekommene Fraktion hat leider bisher nicht inhaltlich Stellung genommen. Sobald diese eingeht, wird sie entsprechend veröffentlicht werden.
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Wir sind der Auffassung, dass eine angemessene Bezahlung nicht nur davon abhängen kann, ob eine Unterbezahlung vorliegt, sondern vielmehr, ob eine Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung erfolgt. Auch wenn die Tarifparteien in der Vergangenheit gute Ergebnisse z.B. für die Gruppe der Lehrer erzielt haben, blieben die Finanzbeamten doch eher „auf der Strecke“. Wie soll es sonst verstanden werden, dass z.B. Geld für die Abschaffung der Kita-Gebühren vorhanden ist, aber keines dafür, die Gehaltseinschnitte der vergangenen Jahre auszugleichen. Selbst die SPD-Basis regt z.B. die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes an (siehe den Zeitungsartikel : http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Weihnachtsgeld-fuer-Beamte-Regierung-in-Niedersachsen-hat-dafuer-kein-Geld); die Landesregierung lehnt dies jedoch ab.
Schließlich ist die gute Haushaltssituation auch ein Ergebnis der Arbeit der Finanzverwaltung, so dass eine Teilhabe daran ein Zeichen der Wertschätzung wäre.
Wie sehen Sie dies ?