Digitalisierung in der Finanzverwaltung

Die Folgen der schleppenden Digitalisierung in der niedersächsischen Finanzverwaltung sind durch die Corona-Pandemie offen und greifbar zu Tage getreten.

Was lange versäumt wurde, lässt sich nicht innerhalb kürzester Zeit ausbügeln. Medienberichte (z. B. https://www.n-tv.de/politik/Leere-Bueros-voll-besetzte-Behoerden-article22299505.html) zeigen allerdings, dass es sich hierbei keineswegs um ein Alleinstellungsmerkmal unserer Verwaltung handelt.

Der vorwurfsvolle Blick zurück ändert jedoch nicht das Hier und Jetzt. Doch diese Fehler dürfen sich nicht wiederholen.
Unserer Auffassung nach bedarf es nunmehr einer vollumfänglichen Analyse des Ist-Zustands und eines umfassenden Plans für eine echte Digitalisierung der Verwaltung. Mobile Working muss das
Schattendasein eines Exoten, einer Ausnahme in Pandemiezeiten, hinter sich lassen und zu einer gleichberechtigten und regulären Arbeitsform in den Finanzämtern werden. Neben einer Attraktivitätssteigerung unserer Tätigkeit wäre dies ein weiteres Instrument zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ersparte Wege zur Arbeit leisteten quasi als Nebeneffekt zugleich einen Beitrag zum Umweltsschutz und zur Verkehrsentlastung niedersächsischer Innenstädte.

Mit der Anschaffung von Notebooks und VPN-Karten ist es dabei längst nicht getan. Solange Akten in Papierform geführt werden, Unterlagen auf dem Postweg nicht nur im Finanzamt sondern auch auf dem Schreibtisch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ankommen, ggfs.konfliktbehaftete Telefonate vom privaten Anschluss geführt werden müssen und somit auf die Präsenz der Mitarbeiter nur stark eingeschränkt verzichtet werden kann, ist mobiles Arbeiten jedenfalls mit Blick auf Praktikabilitäts-erwägungen nicht konsequent zu Ende gedacht.
Es gilt die Abläufe in den Finanzämtern unter Digitalisierungsaspekten auf den Prüfstand zu stellen und aufeinander abgestimmt „mobil“ zu gestalten. Eine große Aufgabe, die zweifelsohne zunächst Personal bindet, Geld kostet und die Kolleginnen und Kollegen mit grundlegenden Veränderungen
konfrontieren wird. Wenn aber die Absicht, die Finanzverwaltung zukunftsfähig auszurichten, über Lippenbekenntnisse hinausgeht, kommt man um diesen Prozess nicht herum.

Dabei braucht man das Rad nicht neu zu erfinden, es ist ein Leichtes, Anleihen an der freien Wirtschaft zu nehmen, die der Verwaltung in diesem Bereich häufig Jahrzehnte voraus ist. Ein erster konkreter Aufschlag sollte so aussehen, dass flächendeckend WLAN in den Ämtern eingerichtet wird, um z. B. zu erreichen, dass SGL-Runden oder Personalratssitzungen in Ermangelung technischer Alternativen nicht mehr als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden müssen.

Für eine Digitalisierung in homöopathischen Dosen ist der Rückstand zu groß. Packen wir es an! Jetzt!