Neue Beförderungs- und Beurteilungsrichtlinien bergen sozialen Sprengstoff für unsere Verwaltung

Die Umstellung des Beförderungssystems auf das reine Leistungsprinzip und die Abwertung des allgemeine Dienstalter (ADA) wird in  Zukunft zu großen Problemen in unserer Verwaltung führen.

Durch das neue System haben wir die gravierendsten Auswirkungen in den Eingangsämtern der jeweiligen Laufbahngruppen.

Bei der ersten Beurteilung sollen die Ergebnisse der Prüfungsnote berücksichtigt werden, die Leistungen in der Praxis können als kleines Korrektiv wirken.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass von der Vorgabe „1. Note  = Prüfungsnote“  nur sehr selten abgewichen wird .

Die Blockbildung mit Zeitgutschrift bei den  früheren Noten gut/vb/b ist weggefallen. Da das ADA im Eingangsamt fast keine Rolle mehr spielt, werden  junge Kolleginnen und Kollegen mit guter Laufbahnprüfung nach Ablauf der Probezeit und ihrer darauf folgenden guten Zwischenbeurteilung, ständig oben in der Beförderungsrangfolgeliste einsortiert. Dadurch dauert die Beförderung  für die „schlechter“ beurteilten Kolleginnen und Kollegen länger.

Da die Beurteilungen im gehobenen Dienst (Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt) zum 1.10.2008 schon im neuen System erfolgten, können insbesondere die Kolleginnen und Kollegen im  Eingangsamt (Steuerinspektoren) die dramatischen Auswirkungen selbst verfolgen. Durch den Zugriff auf ihr persönliches Stammblatt können sie monatlich die Veränderungen ihrer Beförderungsrangfolgenummer verfolgen. Gleichen sie diese mit den veröffentlichten Beförderungsnummern des entsprechenden Statusamtes ab, so werden insbesondere die mit C 3 beurteilten Kolleginnen und Kollegen im Innendienst feststellen, dass sie sich seit dem letzten Beurteilungszeitpunkt immer weiter von einer möglichen Beförderung entfernen. Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die haben in diesem Zeitraum über 200 Listenplätze verloren!

Selbst einige Kolleginnen und Kollegen (Innendienst), die mit C 2 beurteilt wurden, werden auch feststellen, dass sie sich von einer möglichen Beförderung weiter entfernt haben.

Aufgrund der weiteren Untergliederung der Beförderungsnoten und der Berücksichtigung der Vorbeurteilung, müssen die schlechter beurteilten Kolleginnen und Kollegen erst einmal einige Jahre beurteilt werden, bis sie überhaupt theoretisch in einem Beförderungszeitraum befördert werden können.

Da in den nächsten Jahren wieder deutlich mehr Anwärterinnen und Anwärter eingestellt werden (z.B. in 2011  243 Finanzanwärterinnen und Finanzanwärter) , wächst natürlich auch die Zahl der guten Absolventen, die nach ihrer ersten Beurteilung in die Beförderungsranglisten recht weit oben  einsortiert werden.

Da durch Pensionierungen nicht gleicher Höhe Beförderungsposten frei werden,  verschärft sich insbesondere durch die weiteren Einsparauflagen (Abbau von über 200 weiteren Haushaltsstellen) die Beförderungssituation zusätzlich.

Da die gut beurteilten Kolleginnen und Kollegen nun schneller die Spitzenämter
A 9+Z und A 13 besetzen, bedeutet dies eine drastische Verjüngung auf den Spitzenämtern. Dies führt dazu, dass nun diese Dienstposten für Jahre besetzt sind und keiner mehr von dieser Position aus in den nächsten Jahren in den Ruhestand geht.
Früher kamen in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren 2 oder 3 Kollegen in den Genuss auf dem jeweiligen Spitzendienstposten in den Ruhestand zu gehen – jetzt wird es nur noch einer sein.

Auch die Folgebeförderungen werden dadurch geringer werden.

Zusätzlich wird das derzeitige unbefriedigende System durch das neue NGG verschärft (s. hierzu unsere Ausführungen unter dem Menüpunkt „NGG Auswirkung“ ).

Folgen für unsere Verwaltung:

Für viele in unserer Verwaltung , die schon lange auf ihre Beförderung warten, wird sich die Wartezeit verlängern.
Dieses kann sich auf die Motivation vieler Leistungsträger unserer Verwaltung auswirken.

Junge Leute werden früh in Spitzen- und Führungspositionen kommen.
Dies dürfte in einer stark überalternden Verwaltung zu weiteren Spannungen führen.
Junge Leute, die mit ausreichend ihre Prüfung gemacht haben, haben praktisch keine Perspektive mehr.

Sekretäre oder Inspektoren, die keine gute Laufbahnprüfung absolviert haben, müssen befürchten in den nächsten 15 Jahren nicht befördert zu werden.

Wie lässt sich in der Zukunft in einer Verwaltung, die nur noch auf das reine Leistungsprinzip setzt -wobei Erfahrung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt-, die Bereitschaft der älteren Beschäftigten ihr Wissen an die jüngeren Beschäftigen weiterzugeben, aufrechterhalten?

Nirgendwo sonst, wie z.B. in der Betriebsprüfung, sind die jungen Beschäftigten darauf angewiesen, dass sie durch die älteren Beschäftigten auf ihre neue Aufgabe vorbereitet werden.
Wenn als Dank für die Einarbeitung die Jüngeren an den Älteren vorbeiziehen und dies in der Regel schon vor der Einarbeitung feststeht, wieso sollten die Älteren dann noch ihr Wissen und ihre Erfahrung mit den Jüngeren teilen ??
Frei nach dem Motto: Wissen ist Macht !

Eine Verwaltung, die nur noch auf dem reinen Leistungsprinzip basiert, wird zu einer Ellenbogenverwaltung, in der Solidarität, Unterstützung, Gemeinschaft und auch der Spass an der Arbeit immer mehr zu Fremdworten verkommen.

Die SBG fordert daher:

1. Sofortige Umstellung der Beförderung im Eingangsamt nach
dem alten System (ADA mit leistungsbezogenen
Zeitgutschriften) bis zu einem tragfähigen anderen Modell.

Auch wenn einige Prinzipien der neuen Richtlinien aus der
jüngsten Rechtsprechung abgeleitet wurden, wurde unserer
Auffassung nach das System in den Eingangsämtern ohne Not
umgestellt. Bei Beförderungen in den Eingangsämtern hat es nie
eine Klage gegeben! Der soziale Grundkonsens in unserer
Verwaltung wurde ohne Not aufgegeben!

2. Die sofortige Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die  ein anderes tragfähiges Modell
entwickelt, dass die gewonnene Erfahrung und die Praxis der Kolleginnen und
Kollegen mit nicht so guter Prüfungsnote auch bei den ersten Beurteilungen
berücksichtigt (z.B. Einführung von Erfahrungsstufen bzw. einem Punktsystem).

3. Sollte diese Arbeitsgruppe nicht zeitnah zu einem akzeptablen Ergebnis
kommen, fordern wir die Einführung einer leistungsbezogenen Regelbeförderung,
die eine Beförderung aller Kolleginnen und Kollegen in einem angemessenen
Zeitraum nach A 7 bzw. nach A 10 ermöglicht.

4. Bei der Umsetzung des NGG darf eine Förderung des unterrepräsentierten
Geschlechts bei Beförderungen erst nach dem ADA erfolgen. Der Europäische

Gerichtshof ist der Auffassung, dass es sich bei dem ADA um ein
leistungsbezogenes Hilfskriterium handelt. Die Beamten sind nach dem
Grundgesetz nach Befähigung und Leistung zu befördern.

Was können Sie tun ?

Setzen Sie ein Zeichen und werden Sie Mitglied in unserer Gewerkschaft !

Sollten Sie Mitglied einer anderen Gewerkschaft sein, so wenden Sie sich an ihre Funktionäre und machen Sie ihnen deutlich wie wichtig dieses Thema für Sie ist.

Lassen Sie uns mit allen Kräften gemeinsam für ein besseres Beurteilungs- und Beförderungssystem kämpfen.

Sönke Nagel
Stellv. Vorsitzender